Im Tagesanzeiger/Zürich erschien gestern ein bemerkenswertes Essay von Jonas Lüscher über Politik und Populisten, den Unterschied zwischen Ängsten und Furcht und warum die Politiker Furcht sehrwohl ernst nehmen sollten, die Ängste des Volkes aber eben nicht. Denn wer dem Volk die Ängste pauschal abnimmt, nimmt ihnen auch die Pflicht zur Empathie ab und entmündigt die Bürger. Nur wer Ängste konkret vorbringen und belegen muss, der setzt sich damit auch wirklich auseinander. Und erst dann können Ängste wie z.B. vor Überfremdung als das entlarvt werden, was sie sind, nämlich z.B. Xenophobie, also Angst vor dem Fremden an sich.
Aber lest selber:
Kategorie: Morgenland
Neues vom #Terrorgate mit Details über die „Hinweise“
Eine Journalistin aus Bremen berichtete im Herbst 2014 dem Verfassungsschutz von einem Treffen zweier Salafisten mit einem Vertreter eines Bremer Familienclans, von dem sie Waffen kaufen wollten, so der Spiegel. Erst sagte sie, das Treffen habe im Hauptbahnhof stattgefunden, man habe arabisch gesprochen. Sie korrigierte sich später, es habe in einem Shisha-Café auf Deutsch stattgefunden. Berichtet habe ihr von dem Treffen im Oktober der „Älteste“ des Familienclans, so Radio Bremen. Die beiden Waffensucher seien aus dem Umfeld des Islamischen Kulturzentrums IKZ am Hauptbahnhof gewesen. Radio Bremen: „Als Grund für ihren Wunsch hätten sie angegeben, dass jeder aus der Moschee bewaffnet sein sollte. Man müsse sich ja gegen die Kurden und Jesiden wehren. Der „Älteste“ habe das Geschäft abgelehnt.“
Irgendwann habe dann noch ein „Informant“ aufgeschnappt, „man müsse sich bewaffnen, um den Brüdern in Syrien beizustehen“, so die NOZ.
Im Januar 2015 (Radio Bremen schreibt Dezember 2014) berichtete die Journalistin dem Verfassungsschutz, die Waffen seien geliefert worden und nun habe jede Familie im Umfeld des IKZ beim Hauptbahnhof eine Uzi, insg. gehe es um 60 Maschinenpistolen. Gemäss Radio Bremen hatte der Verfassungsschutz im Dezember 2014 „schon längst“ den Staatsschutz eingeschaltet. Mittlerweile sei das Bremer Landesamt für Verfassungsschutz aber skeptisch geworden, und habe eine „kritische Betrachtung“ der Angaben empfohlen. Es folgten angeblich noch – von wem ist unklar – zwei weitere Hinweise auf den Libanesen Muhamad M. aus Vegesack, der darauf zusammen mit seinem Bruder vorübergehend festgenommen wurde. Wann bleibt beim Spiegel unklar. Die Polizei habe die beiden nach der Freilassung nicht observiert, so der Spiegel, der kritisiert, eine Observation wäre in so einem Fall durchaus üblich gewesen.
Die beim Spiegel als „Journalistin“ bezeichnete Frau habe gemäss Radio Bremen am 27.2.2015 dem Zollkriminalamt in Köln einen „Hinweis gegeben, den diese „Bundesbehörde“ umgehend an die Bremer Staatsschützer weitergab, die daraufhin umgehend den Terroralarm auslösten, weil „die Warnung des Kölner Zolls besonders seriös“ erschien. Die Frau habe gute Kontakte zum Mhallamiye-Clan, auch Miri-Clan, bekannt durch Funk und Fernsehen.
Die Hausdurchsuchung bei Muhamad M. in Vegesack fand am 28.2.2015 statt, der Durchsuchungsbefehl stammte aber bereits vom 10. Januar 2015. Seitdem sei er observiert worden, so Radio Bremen. Muhamad M. habe sich am 26.2.2015 mit vier franz. sprechenden Männern getroffen, die über Waffen verfügten, so steht es im Durchsuchungsbeschluss für das IKZ. Das Auto des Verdächtigen sei am 28.2.2015 aber nicht durchsucht worden. Die NOZ berichtet, auf die erst später übersetzte abgehörte Mailbox des Verdächtigen habe jemand gesprochen, er habe „die Sachen in den Wagen gelegt“. Was denn da im Wagen hätte gefunden werden könne, bleibt also Spekulation. Es könnten Maultaschen oder MPs gewesen sein. Für 60 Uzis jedenfalls bräuchte man schon ordentlich Platz. Eine Uzi ist eingeklappt 47 cm lang und wiegt 3,6 kg, mit Munition und Magazin vielleicht doppelt so viel. 300 kg kommen bei 60 Uzis locker zusammen.
Ebenfalls am 28.2.2015 wurde auch die Wohnung des Bruders von Muhamad M. durchsucht, der offenbar zufällig in die Razzia bei seinem Bruder reinlief, um „sich um dessen Kinder“ zu kümmern.Die Razzia beim Bruder erfolgte ohne Durchsuchungsbefehl: „Gefahr im Verzug“, so die taz. Gefunden wurde auch hier nichts.
Apropos Observation: Innensenator Ulrich Mäurer/SPD räumte letzte Woche ein, dass das IKZ am Samstag 28.2.2015, als der Terroralarm bereits galt, insgesamt während fünf Stunden nicht observiert worden sei. Am Samstagabend gab es dort dann aber eine Razzia. Als Grund für die Durchsuchung gab der Innensenator an, die ominösen Nordafrikaner resp. Franzosen seien dort gesehen worden, die als Hauptgefahr ausgemacht wurden. Ein V-Mann habe die vier Franzosen im IKZ gesehen, so Radio Bremen, dies allerdings schon vor dem Freitag, 27.2.2015. Die Polizei hat wohl kaum ernsthaft damit gerechnet, die bewaffneten vier Männer dort zu treffen, die Razzia wäre polizeitaktisch dann viel zu gefährlich gewesen.
Übrigens war die Familie aus Bremerhaven, die mit einem Auto mit franz. Kennzeichen in HB unterwegs war, festgenommen und den ganzen Tag festgehalten wurde, nicht wegen eines Zahlendrehers beim Kennzeichen in Verdacht geraten, wie der Innensenator rumsalberte, sondern, weil der Halter des Fahrzeugs einen verdächtigen Namen hatte. Unter der in Gewahrsam genommen Familie, übrigens Christen, die aus einem islamischen Land geflohen sind, waren vier Rentner. Der Innensenator hat bis heute nicht bei ihnen entschuldigt.
Fassen wir zusammen: Wie wir sehen, sehen wir nichts.
Andernorts und gleichentags (heute) wird aber der „Terroralrm in Bremen“ schon als Besipiel dafür herangezogen, wie dringend nötig Deutschland mehr Polizei hat:
Und ein paar Zeilen weiter fordert der Chef der Polizeigewerkschaft DPolG Wendt:
Wendt forderte eine neue Kommunikationsstrategie der Polizei bei terroristischen Bedrohungen. Nach der Absage von Großveranstaltungen unter anderem in Braunschweig und dem Bremer Einsatz müssten den Bürgern die Gründe offener erklärt werden. Sonst bestehe die Gefahr dass das bisher große Verständnis in der Bevölkerung verloren gehe.
Na dann erklärt mal… Dieser Schuss dürfte allerdings nach hinten losgehen.
Nachtrag: Anders als Wendt von der Polizeigewerkschaft DPolG kritisiert die Gewerkschaft der Polizei GdP die Pläne für die neue Terrortruppe als „verfehlt“.
#Terrorgate in Bremen: Wir zaubern uns eine Bedrohungslage
Auch bei Radio Bremen mehren sich die Zweifel am Vorgehen des Innensenators und titelt bereits von einem „Fragwürdigen Anlass“. Hier auf nordis.ch wurde der Terroreinsatz kritisch begleitet, zu vage und nicht nachvollziehbar erschienen die Argumente des Senators.
Die Verfassungschützer bekommen mindestens zehn neue Kollegen, die Mär über die Mafia-Familie Miri ist mal wieder aufgekocht worden, zudem umgibt uns ein Heer gewaltbereiter Salafisten, mit Säbeln zwischen den Zähnen usw.
Letztlich dient der Terroralarm nun dem Ausbau des Überwachungsstaats und belastet die Bemühungen um ein gütliches Miteinander der unterschiedlichen Menschen und Kulturen in Bremen. Super Einsatz!
So bedient man ein verknorrztes unflexibles konservatives Lager.
#Die grösste Gefahr beim Terroralarm ist die Hysterie
Mal ganz frei übersetzt, was uns hier aus England erreicht, wo man sich gerade über die drei 15-jährigen Mädels entsetzt, die vom IS in den Bann gezogen wurden. Was kann so junge Menschen dazu bringen und welchen Anteil hat die Gesellschaft daran? Schliesslich hatten 15-Jährige aus der Mitte – OK, vielleicht etwas am Rand – der Gesellschaft nicht allzuviel Lebenszeit, so einen fatalen Entschuss zu fassen und nach Syrien zu reisen. Und: Sicher stellen drei Ausreisserinnen keine Gefahr für die Gesellschaft dar. Im wirklich schlimmsten Fall kehren sie zurück, mit einer Waffe, einer Bombe, und? Sorry. Jeder Autounfall kann schlimmere Auswirkung haben.
Ich folge dem Kommentator, der meint, die Hälfte aller IS-Geschichten sollte den Weg in die Nachrichten erst gar nicht finden. Die meisten Geschichten von „Kindern“ die zur IS gehen, sie leben von der Anerkennung, die wir ihnen zollen, der Lust auf Schlagzeilen. Oft ist es doch nur Hysterie, eine überrissene dramatisierte Umschreibung von Umständen, die den selben Medien morgen wieder gleichgültig sind, so wie ihnen heute das Elend von gestern egal ist.
Dazu all die „Bekenntnisse“ des IS zu jedem „Anschlag“, der auch nur irgendwie dessen „Feinde“ traf… Jaaa, das waren wir….
Zum 1×1 des Journalisten gehört das Wissen, dass das erste Opfer eines Krieges die Wahrheit ist. Wer weiss denn schon wirklich, ob irgendwelche Attentäter „von sich aus“ oder ferngesteuert agierten? Hat Abu Bakker Dingsbumms Weisskohl irgendwas gedrückt und einen Angriff auf eine Redaktion veranlasst oder waren es einfach irrsinning Verstrahlte, die sich als Teil irgendeiner Bewegung sahen, die zwar total plemmm-plemm ist, aber Beachtung findet?
Erfolgversprechender ist es doch den Fokus auf Wege zu richten, die zum guten Miteinander führen von denen die „da“ sind, und das so die Religionszugehörigkeit als Ventil für keinen mehr notwendig ist. Cowboys, steckt die Knarre weg, redet miteinander und mit den anderen.
Gewalt, Repression, Demonstration von Stärke… alles nur Wasser auf die Mühlen der IS.
Give Peace a chance.
#Respekt Sie fährt dem alten Märchenonkel ordentlich übers Maul
Die libanesische Interviewerin Karaki stellt den im Londoner Studio plappernden „Scheich“ nach diversen Dreistigkeiten am Ende das Mikro ab. „Wie kann ein respektierter Scheich wie Sie, einem TV-Moderator sagen, er soll die Klappe halten?“
##SoWa(h)rEsWohlNicht Aus 3 Terrorzielen werden 2
„Der Bremer Dom ist offenbar kein mögliches Anschlagsziel von Islamisten gewesen“, berichtet Radio Bremen in schönstem Deutsch unter Berufung auf Innensenator Ulrich Mäurer/SPD.
Nun seien die „vier verdächtigen mutmaßlichen Gewalttäter verschwunden. Bei ihnen soll es sich um französisch sprechende Nordafrikaner handeln.“ Und sie waren „mit Kalaschnikows und Faustfeuerwaffen bewaffnet“. Was wollten sie in Bremen: „sich offenbar mit einem Bremer Islamisten treffen“. Nur einem?
Jetzt fehlt nur noch das Dementi zu den Utzis; dass die 60 MPs dann „offenbar“ doch nicht existierten und auch nicht „offenbar im Umfeld der Moschee verteilt“ wurden.
#KilledByFriendlyFire Bremens Innere Sicherheit
Halleluja, der Titel der Frankfurter Allgemeinen
Nach Polizeieinsatz Kritik an Bremer Terroralarm
machte ja Hoffnung, jetzt wird den Verantwortlichen mal ihre „wahrscheinlich, offenbar, möglicherweise, eventuell, hätte, könnte, wenn und aber so hiess es“ Politik um die Ohren fliegen, und der bislang lediglich auf – trotz Mega-Polizei-Einsatz – auf unbestätigte Vermutungen basierende Terroralarm würde ihnen um die Ohren gehauen. Aber: Leider Nein. Vielmehr werden „die Reaktionen der Bremer Sicherheitsbehörden auf den Terroralarm in Sicherheitskreisen kritisiert“. Sorry. Das ist mir zu hoch. Sicherheitsbehörden werden in Sicherheitskreisen kritisiert? Die FAZ meint zu wissen, dass im Innenausschuss des Bundestages von einer „fatalen Entscheidung“ die Rede sei, denn nachdem im IKZ keine Uzis gefunden wurden, hätte man „anstatt die Polizei abzuziehen, die Suche ausweiten müssen“? Hmm. Keine Uzis da, trotzdem weitersuchen? Wo denn? Bei den mutmasslichen Waffenhändlern gabs ja auch Razzien. „Zudem wurde im Innenausschuss kritisiert, dass Bremen die Bundesbehörden und das Terrorabwehrzentrum nicht genug einbezogen hätten.“ Hmm, soso. Der FAZ-Informant, Lischka/SPD, Parteigenosse des Bremer Innensenators, weiss, wie es besser geht: „Bei Terrordrohungen brauchen wir einen feststehenden Verfahrensablauf, der von Flensburg bis Oberammergau gilt. Wer es in einer Stadt mit solchen Terrorwarnungen zu tun bekommt, der muss eine zentrale Nummer haben, bei der er sich melden kann. Zur Zeit gibt es dafür keinen perfekt strukturierten Prozess.“ Aha. Eine Hotline soll her. Nordis.ch hat schon mal die Tonbänder abgehört: „Hallo, hier Meier, ich habe da mit einer Terrorwarnung zu tun, wollte mich mal bei ihnen melden.“ oder meint er mehr sowas wie: „Hallo, ist da die Terror-Hotline? Mein Nachbar ist Muselmann, guckt immer freundlich und dann sagt er mir noch, ich solle keine Angst vor ihm haben und sein fuselbärtiger Sohn macht Handy-Videos! Bitte um ihren Einsatz.“
Das hört sich alles nur nach Kraut und Rüben an, offenbar ist das Thema „Innere Sicherheit“ von vor sich hin kläffenden Politikern aus der 2.Reihe belegt, wo jeder für seinen Sermon einen dankbaren Zuhörer findet. Abtreten!
#Arbeitsbeschaffungsmassnahme: 10 neue Stellen für Bremens Verfassungsschutz
Vielleicht erklärt der Bericht im Spiegel, warum die Bremer grad so viel mehr als andere vom Terror bedroht sind: Sie mischen nämlich bei der bundesweiten Aufstockung der Stellen für den Verfassungsschutz ordentlich mit.
Auch der Weserkurier geht heute darauf im letzten Abschnitt ein:
Der Bund schafft 261 neue Stellen und will noch zusätzlich Experten für den Anti-Terror-Kampf und für Informationstechnik“ anheuern, im Spiegel ist von einer „hohen dreistelligen Zahl“ die Rede.
NRW mit seinen 18 Mio Einwohnern stellt 54 neue Mitarbeiter ein, das sind 1 neuer Mitarbeiter pro 333’333 Einwohner.
BW/10,5 Mio Einwohner: 15 neue Mitarbeiter, 1 pro 700’000
HB/650’000 Einwohner: 10 neue Mitarbeiter, 1 pro 65’000
Zehn neue Stellen schafft das Bundesland Bremen, das sind, an der Einwohnerzahl gemessen, 10x mehr als Baden-Württemberg, 5x mehr als NRW. Da muss man schon mal Gas geben, um so einen ausserordentlichen Stellenzuwachs durchzubringen.
Und bei der Stimmungsmache helfen auch einige Medien durch Spekulation gerne mit. Auch der Weser-Kurier, der in obigem Artikel zwar nicht einen einzigen Fakt liefern kann, was die konkrete Bedrohung in Bremen angeht aber weiss: „Die Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag am vergangenen Wochenende in Bremen waren offenbar weitaus konkreter als gedacht.“ Vier Terroristen kamen (angeblich) aus Paris, falls Sie die Stadt nicht kennen: Früher war es die Stadt der Liebe, heute „jene Stadt, in der Terroristen Anfang Januar einen Anschlag auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ verübt hatten.“ Und munter reiht man weiter eine Vermutung ans andere Gerücht: Focus Online schreibe, die vier seien von der Terrormiliz IS, sie hätten Kontakt zum Bremer Mohammed M., der einen Waffendeal mit dem Miri-Clan abgeschlossen haben könnte.
Wunderbar, jetzt sind wir beim nächsten grossen Bremer Gespenst angelangt, dem Miri-Clan. Aha, der Miri-Clan. Uiuiuiuiui: Dessen unheimliche Macht ist ja durch die Bremer Tatort-Kommissare schon hinreichend belegt, passt doch prima ins Bild.
Dann kommen noch „60 Uzi-Maschinenpistolen und Automatikpistolen“ ins Spiel, dann das Islamische Kulturzentrum IKZ am Bahnhof, dann der Hinweis: Die Bremer Sicherheitsbehörden hüllen sich in Schweigen, um „die Entwicklungen nicht zu gefährden“. Aber, die Gefahr besteht, und zwar gebe es in Bremen und im gesamten Bundesgebiet „eine sehr ernst zu nehmende Gefährdung durch islamistisch motivierten Terrorismus“, so die Polizeisprecherin zum Kurier. Na dann.
Auch auf Bundesebene nimmt es keiner so ganz genau: Ob es bundesweit 250 oder 1000 „Gefährder“ gibt, egal:
Wenn es läuft, dann läufts, wird sich wohl so mancher Politiker denken und fröhlich an der Überwachungsschraube drehen.
#HalbeWahrheit Rechne: 650–218–75=357
Da rechnet nordis.ch in böser Vorahnung extra vor, dass die Zahl der „Ausreisen Richtung Syrien und Irak“ nicht gleichbedeutend ist mit der Zahl der Deutschen, die tatsächlich aktuell dort kämpfen, und was titelt der Weser-Kurier?
650 Deutsche kämpfen in Syrien und Irak
#Terroralarm in Bremen
So langsam verzieht sich der Rauch, Radio Bremen und das ZDF können nun etwas konkreter mutmassen, was denn nun die Hintergründe der letzten Polizeiaktionen waren. Weil aber eigentlich keiner was genaues weiss, ist der Text mehr eine Übung im Verwenden der „Möglichkeitsform„:
Vier französisch sprechende Verdächtige aus Nordafrika sollen am Freitag aus den Niederlanden kommend nach Bremen gereist sein. Sie seien mit Kalaschnikows und Faustfeuerwaffen bewaffnet gewesen und wurden angeblich in einer Moschee in der Nähe des Hauptbahnhofs gesehen. Das ZDF berichtet, den Hinweis auf die vier Bewaffneten habe das Zollkriminalamt Köln gegeben.
Die Vier hätten sich mit einem Bremer Islamisten treffen wollen, so Radio Bremen. Und: Der mutmassliche Waffenhändler aus Bremen habe 60 Maschinenpistolen im Umfeld einer Moschee in der Nähe des Bahnhofs verteilt.
Die Polizei ging von drei möglichen Terrorzielen aus: Synagoge, Domsheide sowie Dom.
Die Ermittlungen liefen noch immer auf Hochtouren. Es wurden aber weder Waffen sichergestellt noch wurden die Verdächtigen dingfest gemacht.
tbc
#Terrortouristen Dschihadisten-Rechnen mit dem Verfassungsschutz
Da man als Journalist auch immer in Übung bleiben muss, widme ich mich heute einer kleinen Rechenaufgabe, die ich bei Tagesschau.de gefunden habe.
Der Verfassungsschutz legte neue Zahlen vor zum Aussmass der – nennen wir es mal – Wanderungsbewegung gewaltbereiter Dschihadisten von Deutschland Richtung Syrien und Irak:
Von 2011bis 2013 zogen 240
2014 stieg die Zahl auf 550
Im Feb. 2015 waren es 650
Seit 2011 reisten also mindestens 650 deutsche Dschihadisten in die Kampfgebiete. Etwa jeder Dritte (=218) sei inzwischen wieder in Deutschland. Bei 40 von den 218 Rückkehrern weiss der Verfassungsschutz, dass sie aktiv an Kämpfen in Syrien und im Irak beteiligt waren.
Seit 2011 sind 75 aus Deutschland ausgereiste Dschihadisten umgekommen, 55 im letzten Jahr.
Es sind also insgesamt 650 Dschihadisten seit 2011 ausgewandert, 218 sind zurückkehrt, 75 sind gestorben.
650 – 218 – 75 = 357 sind noch in Irak/Syrien
So sieht dann nachher ein Tweet dazu aus:
Seit 2011 zogen 650 Dschihadisten aus Deutschland gen Syrien/Irak, so der Verfassungsschutz/D. 218 kehrten seither zurück, 75 starben.
— 468 (@468) 6. März 2015
#Kommentar Zur Razzia im Islamischen Zentrum
Entschuldigung, liebe Polizei und lieber Spiegel & Co. Es ist doch das gute Recht des Islamischen Zentrums, klar zu machen, dass bei der Razzia am Samstag so rein gar kein inkriminierendes Beweismittel gefunden wurde, man demnach unschuldig ist. Das der Vorsitzende des Islamischen Kulturzentrums in Bremen IKZ auch noch sagt – nötig wäre das nicht – dass man sowieso keinem etwas tun will, ist doch eigentlich recht freundlich. Was soll er denn sonst sagen? Einen Strick darf man ihm daraus jedenfalls nicht drehen. Und erst Recht nicht aus der Tatsache, dass die Männer Bärte tragen und Jugendliche Fotos/Videos mit ihren Smartphones machen (das machen die übrigens überall, wo es was zu sehen gibt). Wer trotzdem was an den Zentren zu mäkeln hat, der soll vortreten und klar sagen, was das ist und wenn Polizei/Justiz mehr wissen als wir, dann sollen sie dem bitteschön nachgehen. Und das lieber heute als morgen. Und um es ganz klar zu sagen: Wer die muslimischen Teile unserer Einwohnerschaft unter Generalverdacht stellt und olle Clichés verbreitet, der macht genau das, was die Bauernfänger vom IS gerne hätten. Einen Keil zwischen die Menschen zu schlagen, die schon lange friedlich miteinander leben.
Nur zum Sagen: Wer heute als Muslim auftritt, darf sich subtiler Verachtung doch ziemlich sicher sein. Die sollen sich umgehend entschuldigen, für irgendwas, was irgendwer irgendwo gemacht hat. Dass das die Moslems in die Enge treibt, dass sie sich ungeliebt fühlen, ausgestossen, ausgegrenzt, sorry: Das ist doch wohl klar.
Und genau das ist der Nährboden, auf dem Extremismus wächst.
Die Razzia vom Samstag ist eine Niederlage der Ermittler. Und da muss man Grösse beweisen und sich auch Mutmassungen des Vereins gefallen lassen, dass das vielleicht nur Wahlkampf gewesen sei.
Nordis.ch hat mit Glauben jedweder Coleur so rein gar nichts am Hut, aber was Recht ist muss Recht bleiben. Worauf wollen wir uns denn am Ende berufen, wenn nicht auf unsere verbrieften Grundrechte?
Der Verdacht, dass irgendwer irgendwas plant ist durch die Razzien in keiner Weise erhärtet worden. Also ersetzt die eingetretenen Türen, entschuldigt euch, dass diesmal nicht mit der – bei der Schliessung des Islamischen Zentrums KuF möglich gewesenen – Achtung vor den Regeln in diesen Häusern vorgegangen seid. Weil die Chauvis von der Christlich Demokratischen Union noch immer einen draufsetzen möchten. fangen die jetzt an mit „Razzia zu spät“ blabla. Dass das Zentrum überwacht wurde, war ein offenes Geheimnis, und wer dort dennoch illegale Waffengeschäfte abwickelt, handelte zumindest riskant.
Und nun zu den Medien: Der Bremer Polizei wurden doch keine Infos zugespielt, es waren doch Infos einer Bundesbehörde. Damit spielt man nicht. Und Medien: Nur weil der Polizeichef Zuversicht verströmt, dass da schon irgendwas dran ist, gewaltbereite Salafisten und so… müsst ihr das noch lange nicht so übernehmen. Reisst euch mal zusammen und macht eure Arbeit! Und wer jetzt ins Feld führt, die Frauen seien verschleiert, die Männer hätten Bärte und guckten so böse und die Jungs machten Videos… sorry, damit kommt ihr nicht weit. Zumindest bei uns nicht.
#Abzählen in Bremen
Wenn es in der schönen Hansestadt 300 Salafisten gibt, wie es gestern auf der Pressekonferenz zum Terroralarm hiess, und von den 300 jeder 6. gewaltbereit ist, dann wären das 50 gewaltbereite Radikale. Darf man von den 50 noch die 24 abziehen, die ihre Gewaltbereitschaft in Syrien bei der IS demonstrieren, resp. demonstrierten, weil drei sind bereits tot und 4 kamen geläutert wieder zurück.
Dann bleiben noch 26 gewaltbereite Radikalinskis, wobei „gewaltbereit“ ein grosses Wort ist und von denen nicht eine tatsächliche Gefahr ausgehen muss. Zumal die Inkriminierten auf der Suche nach Waffen offenbar auf einen Libanesen zurückgreifen müssen, der wahrscheinlich noch nicht mal selber Salafist ist und einfach nur das grosse Geld roch?
Und ansonsten gilt auch hier, ein Überwachungsapparat, der mit so grossem Aufwand betrieben wird, Moscheen, islam. Zentren überwacht und div. Personen observiert, der muss auch ab und an mal Erfolge melden. Manchmal wird sowas auch zur „self-fulfilling prophecy“. Die Täter von Paris und Kopenhagen waren allesamt Menschen aus der Region, Einzeltäter die sich wahrscheinlich ihre Minderwertigkeitsgefühle durch religiösen Grössenwahn auszutreiben versuchten, dabei von geistigen Brandstiftern gestützt wurden und am Ende Grausamkeiten begangen, die letztlich auch die ausgeklügelste Überwachung nicht verhindern konnte.
Klar, ich will auch keine säbelschwingenden Halbstarken in meiner Nähe wissen, aber eins muss klar sein: Das, was diese jungen Männer in die Radikalität treibt, ist letztlich das Gefühl, nicht zu uns zu gehören, obwohl sie hier aufgewachsen sind, unsere Sprache sprechen und mit und für uns arbeiten. Dieser Hass gegen die Gesellschaft ist es, den die Bauernfänger von der IS schüren wollen, und den es zu bekämpfen gibt.
Dass es in Bremen eine grosse soziale Ungleichheit gibt, jeder 4. ist arm, dass Kinder, Jugend, Bildung und das öffentliche System insgesamt vernachlässigt werden, schafft nur noch mehr Konfliktpotential. Da muss man ansetzen, die Gesellschaft muss auch untereinander solidarisch sein, die Kluft arm/reich überwinden.
Fragt nicht, was Bildung kostet, fragt lieber, was keine Bildung kostet!
Vivat! Es lebe die Freiheit, die Gleichheit und die Geschwisterlichkeit! Es lebe die Aufklärung!
#InDeckung: Terroralarm in Bremen
Am Freitagabend warnte die Bremer Polizei vor „Aktivitäten potentieller islamistischer Gefährder“ in Bremen, so die Pressemitteilung der HB-Polizei. Die ausschlaggebenden Hinweise kamen von einer nicht näher bezeichneten Bundesbehörde. Was dann seitens der Sicherheitsbehörden folgt, hat Bremen wohl so noch nicht gesehen: Die Polizei legte wegen der „möglichen Gefahrenlage mit islamistischem Hintergrund“ ein „Sicherheitsnetz über die Bremer Innenstadt“, „fuhr Schutzmaßnahmen“ und „verstärkte ihre Präsenz im Stadtgebiet„. Konkret war ein massives, teils schwer bewaffnetes Polizeiaufgebot in der Stadt zu sehen.
Am Samstagabend spricht die Polizei zusätzlich auch von eigenen Erkenntnissen und solchen des Verfassungsschutzes. Auf der Pressekonferenz vom Sonntag 1.3.2015 erklärt Innensenator Mäurer/SPD, dass nach der Kombination der neuen Erkenntnisse „alle Lampen auf rot gegangen“ seien und „ein Anschlag in Bremen nicht mehr auszuschließen“ gewesen sei.
Neben dem „Sicherheitsnetz“ in der Stadt habe die Polizei am Samstag mehrere Personen kontrolliert, auch festgenommen, es wurden Wohnungen und Autos durchsucht, dort aber keine Kriegswaffen gefunden. Konkret ging es den Fahndern offenbar um die Wohnung eines Libanesen/39 in Bremen-Nord, der versuchte haben soll, grössere Mengen an Waffen zu besorgen, um sie dann an Menschen weiterzuleiten, die „einem islamischen Kulturzentrum in Bremen“ nahe stehen, so die AFP, nachzulesen etwa hier. Auch das Islamische Kulturzentrum am Breitenweg in der Nähe des Hauptbahnhofes wurde am Samstagabend durchsucht. Gemäss Radio Bremen wird das Zentrum seit Monaten vom Bremer Verfassungsschutz beobachtet, weil dort salafistische Aktivitäten vermutet werden. Zudem wurden am Samstag viele Autos und div. Personen überprüft. Zahlen wurden keine genannt. Beschlagnahmt wurden u.a. div. Datenträger, die noch ausgewertet werden sollen. Es gab mehrere Festnahmen, alle sind aber mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Es wurden keine Waffen gefunden.
Am Sonntag wurden „viele Maßnahmen zurückgestuft“, „das öffentliche Leben müsse weiter möglich sein“, so Innensenator Ulrich Mäurer/SPD auf der Pressekonferenz am Sonntag. Und weiter:
Es gibt in Bremen über 300 Salafisten.
19 Erwachsene und auch Kinder aus Bremen kämpfen bereits in Syrien und offenbar hätten noch mehr Personen aus Bremen ein „massives Interesse“, dort mitzukämpfen.
Der Anfang Dezember verbotene „Kultur- und Familienverein verfolgt eine besonders radikale Form des Salafismus.“
Seit Herbst 2014 gebe es Hinweise, dass Salafisten versuchten, sich zu bewaffnen.
Staatsanwaltschaft ermittelt seit Anfang 2015 gegen einen Libanesen/39 wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Konkreter Verdacht: Er habe sich „Kriegswaffen, Maschinen- und Automatik-Pistolen, über unbekannte Lieferanten beschafft“.
Im Fokus habe die Polizei einzelne Personen aus Bremen und eine „Gruppe von Personen“, die offenbar jetzt in Bremen ist, so Polizeipräsident Müller.
Verfassungsschutz-Präsident von Wachter sagte auf der selben Pressekonferenz gem. Radio Bremen: „Die Gefahr, wie sie gestern bestand, ist vorbei.“
Die Aussage von Polizeipräsident Müller, man habe sich „auf eine bestimmte Gruppe fokussiert“ und habe „Dinge tun müssen, um diese Personen zu verunsichern“, erklärt wohl am ehesten die Massnahmen der Polizei. Offenbar versuchte man, die Verdächtigen unter Druck zu setzen. Ob das gelang, ist unklar. Müller sagt: „Wir haben nicht genügend gefunden für Folgemaßnahmen.“
Unter dem Strich bleibt, dass gegen einen Mann seit Januar ermittelt wird, weil er Waffen für Salafisten besorgt haben soll. Welcher Art die Hinweise der ungenannten Bundesbehörde waren, bleibt offen. Und damit bleibt auch der Grund für das Verhalten der Polizei recht nebelig trüb.
Bedenklich, aber schon lange bekannt, sind die Hinweise auf die Salafisten-Szene in Bremen. Erschreckned, dass diese Menschen tatsächlich in den Krieg für die IS ziehen: In „buten und binnen“ vom 28.2.2015 ist die Rede von 15 Erwachsenen und 11 Kindern, die nach Syrien gegangen seien. Drei seien bereits tot, vier seien zurückgekehrt nach Bremen. 15 + 11 – 3 – 4 = 19 Das sind dann wohl die 19, von denen der Innensenator auf der Pressekonferenz sprach.
Einige Hintergrund-Informationen lieferte Radio Bremen im Januar mit der Sondersendung „Bremen radikal – Von Salafisten, Hooligans und Gotteskriegern“. Dort ist die Rede von über „360 Salafisten“ in Bremen. Die Stadt sei mittlerweile eine Hochburg dieser radikalen Islamisten. Jeder 6. Salafist sei gewaltbereit, so RB unter Berufung auf Behörden. Im Dezember 2014 wurde der 2007 gegründete Verein verboten, dessen Zentrum KuF in Gröpelingen durchsucht und die Moschee geschlossen. Gefeiert wurde die Schliessung damals u.a. von der Huffington Post: „Razzia in Bremen: Polizei schließt erste ISIS-Moschee in Deutschland“ Zwei Moscheen würden in Bremen vom Verfassungsschutz beobachtet. 15 Bremer seien in den Kampf für die IS nach Syrien gezogen. Drahtzieher sei Rene S., ein Konvertit, der zweimal versucht habe, in ein Terrorcamp zu reisen und der u.a. im Bremer Gefängnis versucht habe, Moslems zu radikalisieren. Mittlerweile sitzt Rene S. in Oldenburg ein. Im 2. Bericht der Sondersendung heisst es: Mittlerweile sind in Syrien bei der IS – neben den 15 Erwachsenen – elf Bremer Kinder (wirklich, Kinder? die sind max. 14 Jahre alt, gemeint sind doch wohl eher Jugendliche).
Die taz brachte übrigens einen lesenswerten Kommentar zum Thema.
#InDeckung Warnung vor Islamisten in Bremen
Eine nicht näher bezeichnete Bundesbehörde warnte die Bremer Polizei gestern Abend vor „Gefahr durch Aktivitäten gewaltbereiter Islamisten in Bremen“, so N24.
Die Polizei habe die Schutzmaßnahmen im öffentlichen Raum erhöht.
#Jecken Wo se recht ham, ham se recht!
Der wahre Untergang des Abendlandes. #helau pic.twitter.com/Z4JW2MdXpm
— Futterqueen (@Genussgier) 16. Februar 2015